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Auf Staatenlos haben wir uns bereits im Detail dem Leben und Vorteilen eines Perpetual Travelers gewidmet. Wir haben gezeigt, dass ein neuer Wohnsitz untrennbarer Bestandteil einer klugen Flaggen-Strategie ist und eine reine Abmeldung zur Vermeidung der Steuerpflicht in Deutschland nicht ausreicht. Heute wollen wir insbesondere diesen letzten Punkt vertiefen und einige Mythen aufklären, die in Bezug auf die Wohnsitzlosigkeit immer wieder zu hören sind.

Dazu werden wir uns in diverse Gesetzestexte und offizielle Quellen der Bundesrepublik Deutschland begeben. Auf Österreich sind die meisten dieser Regelungen jedoch ähnlich anwendbar. Nach diesem Beitrag sollte klar sein, dass Perpetual Traveling tatsächlich immer noch ein legitimes Konzept ist, so oft es auch angezweifelt werden mag. Noch – denn natürlich können immer Änderungen kommen, gegen die man sich entsprechend absichern sollte.

In Beratungs-Sitzungen, Seminaren und öffentlichen Diskussionen fallen immer wieder Stichworte, die von Laien missinterpretiert werden. Insbesondere in Zusammenhang mit Doppelbesteuerungsabkommen gibt es oft Missverständnisse. Argumentiert wird mit Verständigungsverfahren, Tie-breaker-rules, Informationsaustausch, 90%-Vorbehalt und ähnlichen Begriffen ohne letztlich zu wissen, was sie bedeuten.

Wohnsitzlose Steuerfreiheit könne gar nicht möglich sein, so das gängige Argument. Tatsächlich ist es das, obwohl Deutschland neben den USA die strengsten Gesetze weltweit bezüglich Abwanderung hat. Wegzugssteuern, erweiterte beschränkte Steuerpflicht oder überdachende Besteuerung mit der Schweiz – kaum ein anderes Land macht es seinen Untertanen schwerer das Sklavendasein zu verlassen.

 

1. Irrtum: Es ist ein neuer Steuerwohnsitz nötig

Ungleich vielen anderen Ländern der Welt gibt es aber einen entscheidenden Vorteil. Durch das Melderecht ist bereits die Abmeldung ein Indiz zur Aufgabe der Steuerpflicht. Wird dann tatsächlich ein Lebensmittelpunkt unterlassen, kann der Weg in die Steuerfreiheit nah sein – ganz ohne sich einen neuen Wohnsitz zu suchen. In vielen anderen Ländern hingegen muss zwingend ein neuer Steuerwohnsitz begründet werden, um sich aus der Steuerpflicht im Heimatland zu verabschieden. Und während auch für deutsch-sprachige Auswanderer ein neuer Wohnsitz ratsam ist, so ist er eben gerade in den Anfangszeiten eines Business nicht zwingend nötig.

Geregelt ist das in der Abgabenordnung. Dort gibt es zwei wesentliche Paragrafen, die für Perpetual Traveler ausschlaggebend sind. Zu jedem dieser grundsätzlichen gesetzlichen Begriffsbestimmungen gibt es zahlreiche Gerichtsverfahren zur Interpretation.

 

§ 8
Wohnsitz

Einen Wohnsitz hat jemand dort, wo er eine Wohnung unter Umständen innehat, die darauf schließen lassen, dass er die Wohnung beibehalten und benutzen wird.

 

Dazu ein wesentlicher Kommentar aus einer Gerichtsentscheidung:

 

Der Wohnsitzbegriff nach § 8 AO enthält im Wesentlichen drei Bezugspunkte, nämlich in sachlicher Hinsicht („Wohnung“), in personeller Hinsicht („Innehaben“) sowie in zeitlich-sachlicher Hinsicht („Umstände, die auf die Beibehaltung und Benutzung der Wohnung schließen lassen“).

 

Allein zu Paragraph 8 gibt es 738 Gerichtsentscheidungen bezüglich dessen, was eine Wohnung oder Wohnsitz definiert. Auf einige Beispiele werde ich kombiniert mit Paragraph 9 eingehen.

 

§ 9
Gewöhnlicher Aufenthalt

Den gewöhnlichen Aufenthalt hat jemand dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt. Als gewöhnlicher Aufenthalt im Geltungsbereich dieses Gesetzes ist stets und von Beginn an ein zeitlich zusammenhängender Aufenthalt von mehr als sechs Monaten Dauer anzusehen; kurzfristige Unterbrechungen bleiben unberücksichtigt. Satz 2 gilt nicht, wenn der Aufenthalt ausschließlich zu Besuchs-, Erholungs-, Kur- oder ähnlichen privaten Zwecken genommen wird und nicht länger als ein Jahr dauert.

 

Auch zu Paragraph 9 gibt es bisher 429 Gerichtsentscheidungen, die bei juristischen Internetdiensten mehr oder weniger frei einsehbar sind. Dabei wurde von den Finanzgerichten das Thema “Perpetual Traveling” noch niemals aufgegriffen. Ironischerweise geht es oft umgekehrt darum, dass Kläger unbedingt unbeschränkt steuerpflichtig in Deutschland sein wollen, es aber nicht dürfen. Das Finanzgericht urteilt also in vielen Fällen gegen eine unbeschränkte Steuerpflicht. Das geschieht z.B. in Zusammenhang mit Kindergeldforderungen, die bei einem EU-Wohnsitz generell noch bestehen bleiben können. Oft geht es auch darum den Steuerfreibetrag Deutschlands auszunutzen um gegenüber der beschränkten Steuerpflicht (progressive Besteuerung ab dem ersten Euro) einen Steuervorteil herauszuziehen.

Dennoch gibt es zumindest einige Urteile, an denen man sich als Perpetual Traveler orientieren kann. Die zwei Paragraphen zusammengefasst sollte man darauf achten, dass man keine Wohnung in Deutschland innehat, die man regelmäßig benutzt.

Die 183-Tage-Regelung in Deutschland wird dabei gerne mißverstanden. Auch weniger als 183 Tage Anwesenheit kann in Deutschland zur Steuerpflicht führen, während auch mehr als 183 Tage Anwesenheit nicht zwingend dazu führen müssen. So schreibt der Gesetzgeber klar, dass “kurzfristige Unterbrechungen unberücksichtigt bleiben”. Praktisch bedeutet das, dass zum Beispiel eine Anwesenheit an allen 52 Wochenenden des Jahres problematisch sein kann (nur 104 Tage), wenn die überwiegende Zeit des Jahres in der Woche im Ausland verbracht wird. Unterbrochen wird ein Aufenthalt in Deutschland generell erst ab einer Verweildauer von über 3 Wochen im Ausland. In konkreten Beispiel würden anhand Doppelbesteuerungsabkommen geschaut werden, wo der tatsächliche Lebensmittelpunkt liegt. Leben Ehefrau und Kinder etwa noch in Deutschland, so ist von einem deutschen Steuerwohnsitz auszugehen.

Es kann aber auch anders kommen. In einem Urteil wurde eine in der Schweiz lebende Moderatorin in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtig, weil sie innerhalb der Woche zu Drehzwecken in Deutschland arbeitete. Dass sie durch gewisse Drehpausen unter den 183 Tagen blieb war letztlich nicht relevant, weil es sich dabei um “kurzfristige Unterbrechnungen” handelte. Wesentlich ist immer der genaue, konkrete Einzelfall.

Anders herum ist im Gesetz klar geregelt, dass ein Aufenthalt, der “selbst ausschließlich zu Besuchs-, Erholungs-, Kur- oder ähnlichen privaten Zwecken genommen wird und nicht länger als ein Jahr dauert” steuerlich unproblematisch ist. Demnach ist es überhaupt kein Problem seine Familie zu diversen Geburtstagen, Hochzeiten, Weihnachten oder auch einfach mal so zu besuchen. Auch das Gästezimmer der Eltern kann regelmäßig bis zu 30 Tagen Aufenthaltsdauer ohne Gefahr benutzt werden. Festgestellt wurde auch etwa schon, dass ein 3-monatiger Aufenthalt im selben Hotel keine Steuerpflicht begründet.

Zitieren wir dazu eine Gerichtsentscheidung von Finanzgericht Rheinland-Pfalz 2002:

28
Nach der Rechtsprechung des BFH muss dem Steuerpflichtigen die Wohnung dadurch als Bleibe dienen, dass er sie ständig oder doch mit einer gewissen Regelmäßigkeit und Gewohnheit benutzt. Ein nur gelegentliches Verweilen während unregelmäßig aufeinander folgender kurzer Zeiträume zu Erholungszwecken macht eine Wohnung nicht zum Wohnsitz im Sinne des § 8 AO (BFH vom 27. September 1999 I B 83/98, BFH/NV 2000, 673, für den Fall unregelmäßigen Aufenthalts im Inland ohne Besuchscharakter). Der Wohnsitzbegriff setzt nicht voraus, dass die Wohnung dauernd durch ihren Inhaber genutzt wird oder der Steuerpflichtige sich dort während einer Mindestzeit aufhält. Die Wohnung im Inland muss auch nicht den Mittelpunkt der Lebensinteressen des Steuerpflichtigen bilden. Er kann deshalb mehrere Wohnsitze haben (BFH vom 26. Februar 1986 II R 200/82, BFH/NV 1987, 301). Nicht genügend ist jedoch, dass sich jemand, der dauernd und langfristig mit seiner Familie im Ausland wohnt, nur gelegentlich im Urlaub oder zu Besuchszwecken in einer Wohnung oder in Räumen aufhält, die ihm unentgeltlich von Dritten, z.B. von den Eltern, zur Verfügung gestellt werden. In einem solchen Fall nutzt er die zur Verfügung gestellten Räume nicht als Bleibe und damit nicht als Wohnsitz, sondern nur besuchsweise oder als Ferienwohnung. Diese Rechtsprechung des BFH geht zurück auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zu § 1 Abs. 1 Nr. 1 BHGG in der Fassung vor 1996 (vgl. etwa EFG vom 28. Februar 1980 8b RKg 6/79, SozR 58 70, § 1 Nr. 7 BKGG).

29
Ein lediglich kurzfristiger Aufenthalt (etwa zu Ostern, in den Sommerferien und zu Weihnachten) genügt nicht, um einen Wohnsitz zu begründen oder beizubehalten (BFH vom 12. Januar 2001 VI R 64/98, BFH/NV 2001, 1231).

 

Dies wurde in diversen anderen Entscheidungen, etwa vom Finanzgericht Hamburg, bestätigt.

 

1. Bei einem auf mehr als ein Jahr angelegten Auslandsaufenthalt wird ein inländischer Wohnsitz durch kurzzeitige Besuche und sonstige kurzfristige Aufenthalte zu Urlaubszwecken, Berufszwecken oder familiären Zwecken, die nicht einem Aufenthalt mit Wohncharakter gleichkommen, nicht beibehalten oder begründet.

2. Das gilt auch dann, wenn dem Steuerpflichtigen während dieser Zeit weiterhin die Nutzung seiner inländischen Wohnung möglich wäre.

 

Selbst eine nicht vermietete Immobilie kann also unter Umständen möglich sein, wenn sie bei Aufenthalten nicht genutzt wird (weil etwa im Hotel übernachtet wird). Selbst eine Standby-Wohnung zur gelegentlichen Nutzung ist nach dem
Finanzgericht Hessen nicht zwingend ein Lebensmittelpunkt. Dieses Urteil lohnt es sich ausgiebig zu zitieren.

 

36
Anknüpfend an die vorstehenden Erwägungen vertritt der Senat zu der hier vorliegenden Fallgestaltung folgende Auffassung: Eine Person, die eine Wohnung im ständigen Wechsel mit anderen Personen nutzt, begründet dort in aller Regel keinen Wohnsitz im Sinne des § 8 AO. In einem solchen Fall hat die betreffende Person nicht die Möglichkeit, in zeitlicher Hinsicht uneingeschränkt über die Wohnung verfügen zu können. Sie nutzt die Wohnung insofern in der Art eines Hotelzimmers. In einem solchen Fall kann nicht von einer gemeinsamen Nutzungsmöglichkeit, wie etwa bei einer Wohngemeinschaft, gesprochen werden (vgl. hierzu: Musil in Hübschmann/Hepp/Spitaler, a.a.O., § 8 AO Rn. 29). Denn bei einer gemeinsamen Nutzung ist die Verfügungsmöglichkeit nicht in zeitlicher Hinsicht, sondern allenfalls in räumlicher Hinsicht beschränkt.

37
An der streitbefangenen Wohnung in R bestand für den Kläger wie auch für die anderen Nutzer sowohl in räumlicher als auch in zeitlicher Hinsicht lediglich eine eingeschränkte Verfügungsmöglichkeit. Der Kläger konnte die Wohnung nur dann nutzen, wenn sie nicht zuvor von drei anderen Kollegen in Beschlag genommen war. Dabei spielt in diesem Zusammenhang die Tatsache, dass – aufgrund der dienstlichen Gegebenheiten – nur ganz vereinzelt mehr als drei Personen gleichzeitig Bedarf für einen Aufenthalt in der Wohnung hatten, keine Rolle. Bei abstrakter Betrachtung hatte der Kläger jedenfalls nicht die Möglichkeit, jederzeit auf die Wohnung zuzugreifen. Er musste immer damit rechnen, sich anstelle der standby-Wohnung ein anderes Übernachtungsquartier suchen zu müssen.

38
Das Fehlen einer zeitlich uneingeschränkten Verfügungsmacht über die Wohnung wird im Übrigen bestätigt durch die Regelung, die der Kläger und die anderen Nutzer in Bezug auf die vorhandenen Wohnungsschlüssel zunächst getroffen und dann auch später praktisch umgesetzt hatten. Danach konnten nur drei Nutzer gleichzeitig auf die Wohnungsschlüssel zugreifen, die im Postfach des Zeugen A auf der Basis der Fluggesellschaft F in M deponiert waren. Waren die drei insoweit verfügbaren Schlüssel vergriffen, mussten weitere Interessenten mit einer anderen Übernachtungsmöglichkeit Vorlieb nehmen. Dies konnte selbst dem Zeugen A so ergehen, und zwar ungeachtet der Tatsache, dass er der Hauptmieter und auch der Verwahrer der Wohnungsschlüssel war.

39
Auch die anderen (Begleit-) Umstände belegen, dass der Kläger und seine Kollegen nur im Rahmen der vorgegebenen Einschränkungen die Wohnung tatsächlich genutzt haben. Dies gilt insbesondere hinsichtlich der räumlichen Umstände. So war die Wohnung nicht mit persönlichen Gegenständen ausgestattet. Die Einrichtung für die Küche sowie das Wohn- und Esszimmer hatte man zu Beginn von den Vormietern übernommen. Die Ausstattung der drei Schlafzimmer war auf das Allernotwendigste beschränkt. Zwar haben die Kläger und der Zeuge A ausgesagt, die Schlafzimmermöbel (drei Betten und ein Kleiderschrank) seien von den zunächst beteiligten Kollegen in einer Gemeinschaftsaktion aus X herangeschafft worden. Hieraus ist aber nicht zu folgern, dass die Schlafzimmer in ihrer Ausstattung eine persönliche Note aufgewiesen hätten. Im Übrigen war die Wohnung nur ganz kärglich mit Beleuchtungsgegenständen (teilweise nur mit nackten Glühbirnen) versehen.

40
Insgesamt gesehen, nutzten der Kläger und seine Kollegen die Wohnung nicht in einer Weise, dass man sagen könnte, sie hätten sich dort häuslich eingerichtet. Bedingt durch das von ihnen vereinbarte Nutzungskonzept waren sie gezwungen, ständig die Bettwäsche zu wechseln. Die Küche nahmen sie auch nur sehr selten in Anspruch. Das dort zubereitete Essen war zudem von ziemlich einfacher Qualität (Spaghetti oder andere Pasta-Gerichte).

 

Die ausführliche Zitierung zeigt, dass es immer auf die tatsächlichen Umstände, nicht auf subjektive Absichten ankommt. Wer tatsächlich im Ausland lebt und nur zu Besuchszwecken oder Geschäftsaufenthalten nach Deutschland kommt, der hat vom deutschen Finanzamt nur noch wenig zu befürchten. Anders herum nützt die subjektive Absicht nicht mehr in Deutschland leben zu wollen wenig wenn man es doch tut.

Noch bleibt abzuwarten, wann die ersten Fälle auftauchen, bei denen es um das Konzept des “Perpetual Traveling” geht. Mit immer mehr wohnsitzlosen, dauer-reisenden Unternehmern und Selbstständigen ist es nicht unwahrscheinlich, dass die Finanzgerichte irgendwann auch auf dieses Thema aufmerksam werden. Da einige Nomaden sich auch konferenz- und seminartechnisch lange Zeit in Deutschland aufhalten, kann es hier in Zukunft möglicherweise zu Problemen kommen. Je nachdem könnte eine Gerichtsentscheidung jedoch auch für noch mehr Klarheit sorgen, was mit abgemeldeten Personen aus Deutschland geschieht, die keinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland mehr begründen, aber auch nicht im Ausland.

Sollte die Politik eingreifen, ist in erster Linie eine ähnliche Regelung wie in den meisten Ländern zu erwarten. Das bedeutet, die Steuerpflicht kann erst verlassen werden, wenn man eine Steuerpflicht in einem neuen Land annimmt. Hierzu gibt es zahlreiche gute Möglichkeiten. Fraglich ist, ob solch eine Regelung dann nur für alle neuen Abmeldungen gilt oder auch rückwirkend greift.

Eine Steuerpflicht nach Staatsbürgerschaft ähnlich den USA ist in Deutschland schon seit Jahren von Linksgrün gefordert, kurzfristig aber unwahrscheinlich, da sie gegen EU-Recht verstößt. Dennoch ist sie mittelfristig gerade in Form einer EU-weiten Regelung mit den dann noch verbliebenen Mitgliedsstaaten denkbar. Deshalb sollte sich jeder zumindest ansatzweise mit der Absicherung durch eine Zweite Staatsbürgerschaft beschäftigen.

 

2. Irrtum: Man braucht zwingend ein Steuerzertifikat

Nachfolgend wollen wir noch kurz auf einige weitere Irrtümer eingehen, die trotz der langen und längst nicht ausschließlichen Kommentierung oft fallen. Einer dieser großen Irrtümer ist die Sache mit dem Steuerzertifikat.

Es gibt Gründe ein Steuerzertifikat aus einem anderen Land zu brauchen. Perpetual Traveling ist keiner davon. Meist geht es darum sich in einem Land von der Steuerpflicht auf Kapitalerträge freistellen zu lassen. So ist Deutschland und Österreich etwa durchaus ein Steuerparadies ohne Quellensteuern auf Kursgewinne und Zinsen – aber eben nur mit Auslandswohnsitz. Für eine solche Nichtveranlagungsbescheinigung bestehen die meisten Banken und Broker jedoch auf eine Steueransäßigkeitsbescheinigung, mit der die Steuerpflicht klar zugeordnet werden kann.

Schließlich lässt sich mit Verbrauchsrechnungen und selbst Wohnsitzbescheinigungen allein viel Mißbrauch betreiben. Eine Permanent Residence holen und ein Haus dort besitzen kann man auch als ganzjähriger Bürger in Deutschland. Erst ein Steuerzertifikat bescheinigt, dass man wirklich im angegebenen Land steuerpflichtig auf z.B. Kapitalerträge ist und nicht im Land des Brokers.

Gerade deshalb ist ein Steuerzertifikat auf der Welt generell erst dann zu bekommen, wenn man sich nachweislich 183 Tage in einem Land aufgehalten hat. Denn wenn man sich ein halbes Jahr in einem Land aufgehalten hat, kann man sich logischerweise nicht mehr als ein halbes Jahr in einem anderen Land aufhalten. Somit ist die Steuerpflicht klar geregelt – ein Grund dafür, dass in den meisten Ländern 183 Tage Aufenthalt eben zur Steuerpflicht führen.

Das heißt aber eben nicht, dass man nicht steuerpflichtig ist, wenn man kein Steuerzertifikat hat. Schließlich kann die Steuerpflicht auch an andere Faktoren wie eine Wohnung geknüpft sein. In Panama etwa ist sie an die Permanent Residence geknüpft, sobald diese erlangt wird. Trotzdem ist ein Steuerzertifikat in Panama erst dann zu bekommen, wenn man sich auch ein halbes Jahr in Panama aufhält. Möchte man dies nicht, so ist es trotzdem möglich eine lokale Steuernummer zu erlangen und Steuern auf lokales Einkommen abzuführen, sofern diese generiert wird. In Ländern mit Territorialbesteuerung wie Panama führt dabei der leichteste Weg generell über inländische Kapitalanlagen oder Vermietung.

Langfristig ist es durchaus empfehlenswert sich eine lokale Steuernummer zu holen und eventuell eine gewisse minimale Steuerlast über Inland-Investments im Wohnsitzland zu steuern. Schließlich gehen immer mehr Banken bereits dazu über neben der Verbrauchsrechnung auch eine Steuernummer anzufordern, um Mißbrauch der verifizierten Adresse etwa bezüglich Informationsaustausch schwieriger zu machen. Und auch bei einer eventuellen Rückkehr ins Heimatland kann man so nachweisen, ganz brav gewisse Steuern bezahlt zu haben.

 

Steuerpflicht kann also auch ohne Steuernummer und Steuerzertifikat bestehen. Letzteres ist nur notwendig in letzter Instanz eine Steuerpflicht zuzuweisen, wenn Steuerpflicht in mehreren Ländern bestehen könnte.

 

3. Irrtum: Adressen, Konten, Verträge, … begründen Steuerpflicht in Deutschland

Ein weit verbreiteter Irrtum ist zudem, man müsse alle seine Konten, Verträge und Co. im Heimatland auflösen um aus der Steuerpflicht herauszukommen. Während es sicherlich von Vorteil ist, sich von so vielen Lasten wie möglich zu trennen, muss man in nur wenigen Fällen aufpassen.

Mitgliedschaften in Vereinen sind etwa kein Problem, sofern sie nur noch passiv sind. Zu vermeiden ist jedoch eine aktive Tätigkeit im Vorstand und ähnliches. Gleiches gilt für die ADAC-Mitgliedschaft, das Abonnement deutscher Presse-Erzeugnisse oder ähnliches. An sich kann es niemals eine Steuerpflicht begründen, höchstens ein Indiz für einen Lebensmittelpunkt sein. Wenn also Dutzende Zeitungen wöchentlich an die gleiche Adresse gehen, so lässt sich daraus ein dauerhafter Aufenthalt in Deutschland vermuten. Wenn das Finanzamt nun das Haus beschattet und ein abgemeldeter Unternehmer dort wöchentlich ein- und ausgeht, kann er somit natürlich Probleme bekommen. Eine Postadresse an sich, etwa bei den Eltern oder einen Scan-Service, ist jedoch keine Melde-Adresse und somit steuerlich höchstens mit einer Indizwirkung verbunden.

Gleiches gilt wenn noch eine inländische Adresse (etwa von Vertrauenspersonen) für inländische Konten, Depots, Versicherungen oder Kreditkarten hinterlegt ist. Alle diese Dinge machen nicht per se steuerpflichtig, können aber Indizien für einen Lebensmittelpunkt sein. Wenn mit einer Kreditkarte also nur in Deutschland abgehoben und bezahlt wird, kann ein arger Verdacht eines Lebensmittelpunktes in Deutschland entstehen, der entsprechend weiter verfestigt werden muss. Genauso kann ein Zeichen eines Lebensmittelpunktes sein, dass das komplette Vermögen auf deutschen Konten statt im Ausland gebunkert wird. Kein Problem, sofern die entsprechende Person sich auch tatsächlich überwiegend im Ausland aufhält. Begehrlichkeiten können gerade bei Riesen-Summen nämlich schnell entstehen.

Natürlich kann ein fehlender Wohnsitz bereits an sich für Ärger mit der Bank oder Kreditkartenfirma sorgen, bei der ein Hauptwohnsitz in den Geschäftsbedingungen oft Vorraussetzung ist. Bis auf wenige Ausnahmen (meist kleine Sparkassen und Volksbanken) führt eine Wohnsitzverlagerung aber in den seltensten Fällen zur Kündigung.

Natürlich sollte man sich aber vor Augen halten, dass Konten und Co. im Heimatland voll transparent sind und jederzeit gepfändet werden können.

 

Genau aus diesem Grund ist generell eine Verlagerung des Vermögens ins Ausland zu empfehlen. Zwingend nötig, gerade am Anfang bei kleineren Summen, ist es aber nicht.

 

4. Irrtum: Mehr als 90% deutsche Einnahmen bedeuten Steuerpflicht in Deutschland

Immer wieder hört man, dass es keinen Ausweg aus der deutschen Steuerpflicht gibt, wenn man nur in Deutschland Geld verdient. Das ist jedoch ein großes Mißverständnis. Denn es gibt die Option auf unbeschränkt steuerpflichtig zu optieren, wenn man einen Großteil seiner weltweiten Einnahmen (über 90%) aus deutschen Quellen bezieht. Aber es handelt sich eben nur um eine Wahlmöglichkeit, nicht um einen Zwang.

Diese 90%-Regelung existiert aus ganz besonderen Gründen. Für viele im Ausland lebende kann es  sinnvoller sein in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtig sein, weil sie im Vergleich mit der beschränkten Steuerpflicht besser wegkommen. Gerade Rentner oder auch Personen, die von geringen Mieteinnahmen leben, müssen ihr Einkommen generell immer ab dem ersten Euro ohne Freibetrag versteuern, weil Einkommen aus deutschen Quellen beschränkt steuerpflichtig ist. Ausnahmen sind lediglich in einigen Ländern möglich, mit denen Deutschland ein Doppelbesteuerungsabkommen geschlossen hat, das besagt, dass die Rente nur in diesem Land steuerpflichtig ist (z.B. Ungarn, dann mit Flat 16%).

Wer jetzt lediglich eine Rente oder Pension bezieht und über keine größeren eigenen Kapitalanlagen verfügt, der kommt mit der unbeschränkten Steuerpflicht meist besser weg, weil er den Freibetrag von über 8500€ in Deutschland bzw. 11500€ in Österreich nutzen kann und somit merklich weniger Steuern zahlt. Zwar wird sein Welteinkommen besteuert, aber er hat quasi nur Inlandseinkommen. Zudem bedeutet unbeschräntke Steuerpflicht auch vollen Zugriff auf die Sozial-Kassen.

Um Mißbrauch damit zu verhindern gibt es aber eben die 90%-Schwelle. Es muss 90% beschränkt steuerpflichtiges Einkommen in Relation zum Welteinkommen in Deutschland geben, um auf unbeschränkte Steuerpflicht optieren zu können. Maximal 10% des anderen Einkommens darf aus dem Ausland kommen.

 

Im Umkehrschluss heißt das, dass reine Rechnungslegung mit Auslandsfirmen an deutsche Kunden natürlich gar kein Problem ist und nicht zur Steuerpflicht in Deutschland führt. Dies ist erst dann der Fall, wenn durch eine lokale Kapitalgesellschaft oder Betriebsstätte wieder eine beschränkte Steuerpflicht ausgelöst wird. Steuerbar ist in den meisten Fällen der Umsatz an Endkunden, jedoh nicht das daraus erzielte Einkommen.

 

5. Irrtum: Wenn kein Wohnsitz besteht, macht die Staatsbürgerschaft steuerpflichtig

Ein weiterer Irrtum der Steuerpflicht in Deutschland ergibt sich aus der sogenannten Tie-Breaker-Regelung, die sich im OECD-Muster-Doppelbesteuerungsabkommen findet. Dort steht, dass im Zweifel die Staatsbürgerschaft herangezogen wird, um die Steuerpflicht zu bestimmen. Manch einer denkt nun, dass bei Wohnsitzlosigkeit letztlich immer die Staatsbürgerschaft zur Steuerpflicht führen würde.

Das ist aber eben nicht so. In den deutsch-sprachigen Ländern gibt es eine Residenzbesteuerung auf Welteinkommen, die an Wohnsitz und gewöhnlichen Aufenthalt anknüpft. Eine auf die Staatsbürgerschaft anknüpfende Besteuerung gibt es momentan nur in den USA und Eritrea.

Die Tie-Breaker-Regelung in der OECD Model Tax Convention dient dem Zweck, bei Ansäßigkeiten in mehreren Staaten zweifelsfrei zu bestimmen, wo die tatsächliche Steueransäßigkeit besteht. Gerade in Situationen, wo auch kein Steuerzertifikat wegen zu geringem Aufenthalt besteht, kann es dennoch durch verschiedenste  Faktoren dazu kommen, dass mehrere Staaten ihr Besteuerungsrecht ausüben wollen. Anhand der Tie-Breaker-Regelung werden nun nach und nach die wesentlichen Faktoren einander gegenüber gestelllt. Lässt sich in letzter Instanz nun nicht entscheiden, welcher Staat besteuern darf, kann die Staatsbürgerschaft eine Rolle spielen. Geprüft wird zuerst die ständige Wohnstätte, die in vielen Fällen natürlich in zwei Ländern vorliegen kann. Lässt sich anschließend nicht anhand des Lebensmittelpunktes (etwa Aufenthalt der Ehefrau/Kinder) oder dem gewöhnlichen Aufenthalt (Aufenthaltsdauer) ein Steuerwohnsitz nachweisen, kann die Staatsbürgerschaft herangezogen werden.

 

Dies spielt eben aber nur eine Rolle, wenn zwei oder mehr Staaten besteuern wollen, um eine Doppelbesteuerung zu vermeiden. Für Wohnsitzlose ist die Tie-Breaker-Regelung nicht anzuwenden.

 

6. Irrtum: Das Verständigungsverfahren zweier Länder ist ein Problem

An die Tie-Breaker-Regel schließt sich das Verständigungsverfahren zweier Länder an. Die Tie-Breaker-Regelung kann für Klarheit sorgen, wenn einer der beiden möglichen steuerpflichtigen Staaten der Heimatstaat des Betroffenen ist. Ist dies nicht der Fall, so kann letztlich auch die Staatsbürgerschaft nichts zur Klärung des Sachverhaltes beitragen.

Somit gibt es regelmäßige Verständigungsverfahren zwischen einzelnen Ländern, um Besteuerungsfragen zu klären, dies sich mithilfe von Doppelbesteuerungsabkommen nicht zweifelsfrei lösen lassen. Auch Klagen von Steuerpflichtigen, die sich wegen einer Doppelbesteuerung ungerecht behandelt fühlen, werden hier regelmäßig besprochen.

Auch ein Verständigungsverfahren ist aber letztlich für Perpetual Traveler irrelevant. Der Perpetual Traveler ist schließlich darauf bedacht, alle wesentlichen Steuerpflichtsmerkmale in allen Staaten zu vermeiden bzw. nur in den passenden Staaten aufzusetzen statt in die Steuerpflicht mehrerer Staaten hineinzulaufen.

 

Im Verständigungsverfahren wird nicht versucht, Wohnsitzlosen eine Steuerpflicht anzudichten. Dass ist wegen fehlenden Merkmalen einer solchen schließlich auch nur schwer möglich. Ein Perpetual Traveler ist schließlich nichts anderes als ein sonstiger Tourist.

 

7. Irrtum: Man kann nicht mehr nach Deutschland zurück kehren

Abschließend sei noch auf das viel diskutierte Thema eingegangen, dass es Probleme geben könnte, wenn man nach Jahren der Steuerfreiheit nach Deutschland zurückkehren möchte.Gewisse Herausforderungen lassen sich dabei auch nicht leugnen. Dass jedoch eine  Rückkehr nicht möglich ist, ist ziemlicher Quatsch. Es gibt genügend Strategien, mit denen man ohne Probleme wieder in die deutsche Gesellschaft integriert wird.

Es herrscht der Irrglauben, dass man nach Rückkehr in sein Heimatland sofort gefragt wird, wo man Steuern gezahlt hat. Kann man dies nicht nachweisen, muss man in Deutschland nachversteuern. Praktisch geschieht das in den seltensten Fällen. Es geht auch nicht darum keine Steuern gezahlt zu haben, sondern zweifelsfei nachzuweisen, dass man sich nach seiner Abmeldung eben nicht geheim in Deutschland aufgehalten hat. Wer sich aus Deutschland als Student, Angestellter oder ähnliches abgemeldet hat und nicht öffentlich mit Reichtum auffällt, kann sich vermutlich einfach wieder anmelden und seines Weges gehen. Es wird vermutet, dass eben kurzzeitig im Ausland gejobbt wurde.

Sofern das Finanzamt doch anklopft, handelt es sich meist um Selbstständige und Unternehmer, die bereits vor der Abmeldung viel zum Steueraufkommen beigetragen haben. Diese müssen im Zweifel selber nachweisen, dass sie sich auch tatsächlich im Ausland aufgehalten haben. Am leichtesten geht dies natürlich mit einem tatsächlichen Wohnsitz im Ausland gedeckt mit Pass-Stempeln und Verbrauchsrechnungen. Überhaupt sollte jeder Perpetual Traveler seine Pässe möglichst aufbewahren, um seine Auslandsaufenthalt zu dokumentieren.

Ein Pass-Stempel ist generell ein sehr guter Nachweis, zumindest in der EU aber nicht anwendbar. Bei Reisen in der Schengen-Zone sollten daher auch möglichst Flugbestätigungen, Hotel-Büuchungen, AirBnB-Rechnungen und ähnliches aufgehoben werden, die einen Indiz für einen Auslandsaufenthalt geben.

Auch Geo-Tagging durch Online-Dienste und Social Media kann klar zeigen, dass der Lebensmittelpunkt außerhalb des Landes war. Im Umkehrschluss sollten alle, die sich trotz Abmeldung zu lange im Heimatland aufhalten tunlichst vermeiden, täglich Bilder von sich im Heimatland auf Sozialen Netzwerken zu posten. Geht es darum einen Lebensmittelpunkt zu konstruieren schauen die Steuerfahnder mittlerweile bei Sozialen Netzwerken ganz besonders oft und genau.

Wer lange Jahre keinen Wohnsitz hatte, der kann vor Rückkehr ins Heimatland vielleicht auch erst einmal einen Nachbarstaat beehren. Wenn er ganz sicher gehen will meldet er sich in einem Nachbarland an, zahlt dort ein Jahr vielleicht ein bisschen Steuern und wagt erst dann den kompletten Rückzug.

Dennoch kann es aufgrund immer schärferer Gesetze natürlich zu Problemen kommen. Mittlerweile greift etwa die Beweislastumkehr in Deutschland, mit dem der Staat sämtliches Vermögen beschlagnahmen kann, dessen Herkunft sich nachweisen lässt. Betroffen sind längst nicht nur Kriminelle. Wer etwa mit seinem steuerfrei ersparten Geld nun in Immobilien investieren will, mag wegen fehlender Buchhaltung und Steuerbescheide in der Vergangenheit ins Schwitzen kommen, die Herkunft des Geldes zu erklären. Richtig gestaltet sollte dies kein Problem sein, unvorbereites kann es das aber werden.

Wegen immer mehr Beschränkungen und Bevormundung in Deutschland stellt sich freilich überhaupt die Frage wer da noch zurück kommen möchte.

 

Erfahrungsgemäss möchte jeder, der einmal in den Vorzug von weitgehender Steuer-Reduzierung, Bürokatiefreiheit und fehlender Regulierung gekommen ist, diese auch behalten. So kommt es meist zum Kompromiß, das sich eben nur noch ein paar Monate pro Jahr im Heimatland aufgehalten wird, um Wohnsitz, Lebensmittelpunkt und damit lettlich immer weiter steigende Unfreiheit vermieden wird. Denn besser wird es garantiert nicht werden….

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